Trau, schau, wem

Von Thomas Bez am 21.11.2007

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Wir arbeiten, je nach Anlaß, mit drei Tierärzten vertrauensvoll zusammen. Einer ist ein ausgewiesener Reproduktionsmediziner und wird auch von anderen Briardzüchtern konsultiert. Ein anderer war viele Jahre in der Veterinärforschung tätig, bevor er sich auf seine eigene Praxis konzentriert hat. Und einer schließlich ist selbst Züchter im CfH und wir gehen besonders wegen HD-Aufnahmen gern zu ihm. Wir scheuen uns auch nicht, zuweilen zwei Meinungen einzuholen, wenn wir unsicher sind, und wir fragen auch andere Züchter nach ihren Erfahrungen.

Manchmal gibt es bei Tierärzten Signale, die einen skeptisch machen sollten. Als einer der Welpen aus unserem B-Wurf, bei denen wir einen Nabelbruch hatten operieren lassen, zum Fädenziehen vorgestellt wurde, wurden gleich erstaunliche Sachen diagnostiziert:

1. Es war gerade nur ein Hoden zu fühlen. Der Arzt meinte, das sollte umgehend operiert werden.

2. Die Geometrie des Unterkiefers gefiel dem Tierarzt nicht. Erst einmal sollten zwei der Milchzähne entfernt werden.

3. Nabelbruch, vermeintlich fehlender Hoden und falscher Unterkiefer führte der Arzt auf genetische Ursachen zurück.

4. Aufgrund all dieser Erkenntnisse solle der Welpe besser umgehend kastriert werden.

5. Um das Maß voll zu machen, kostete das Fädenziehen dann 60 Euro.

Wir waren entsetzt, der Zuchtwart war empört.

Ein Tierarzt sollte wissen, daß im Alter von wenigen Wochen ein Hoden auch noch einmal in die Bauchhöhle aufsteigen kann, insbesondere nach einer Nabeloperation. Der kommt mit hoher Sicherheit wieder; bei der Wurfabnahme waren schon alle da. Wenn man so etwas operieren muß, sollte man es nicht vor einem Dreivierteljahr tun.

Ein Tierarzt sollte auch wissen, daß sich beim Welpen im Alter von acht Wochen noch alle Proportionen ändern werden. Der ganze Wurf kann sich über altersgemäße und korrekte Scherengebisse freuen. Falls wirklich etwas zu korrigieren wäre, könnte man das vor Erscheinen der zweiten Zähne ohnehin nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen.

Wer aber einen neun Wochen alten Welpen untersucht und dann eine Kastration vorschlägt, wer drei Probleme erkannt haben will und sie ohne weitere Information über Zuchtlinie und Wurfgeschwister gleich als ererbt klassifiziert, kann nicht als seriös eingestuft werden.

Wenn ein Tierarzt mit auffällig vielen Vorschlägen kommt, was man an einem Tier operieren könnte, ist Vorsicht geboten. Ebenso, wenn der Preis für eine Leistung in auffälligen Mißverhältnis zur Dauer der Behandlung steht (hinzugerechnet Materialeinsatz wie z.B. Narkosemittel). Wir haben auch schon den Fall erlebt, daß HD-Röntgen 300 Euro kostete. Tatsächlich muß HD-Röntgen mit Narkose und allem nicht mehr als 150 Euro kosten.

Auch Tierärzte haben eine Gebührenordnung, die man im Internet unter den Stichworten "Tierärztegebührenordnung" und "GOT" finden kann. An die dort festgeschriebenen Regelsätze müssen sie sich nicht streng halten, sie können bis zum dreifachen Satz nehmen, müssen das aber vorher absprechen. 60 Euro für Fädenziehen finden wir aber unangemessen. Auch wenn in der Praxis alle ganz freundlich sind und alles ordentlich und gepflegt aussieht, ist manchmal nicht alles zum Besten bestellt.

Wenn also nicht gerade akute Gefahr droht, bitte Ruhe bewahren und einen zweiten Tierarzt fragen. Es kann nicht schaden, wenn dies dann ein Arzt ist, der seine Praxis schon etwas länger als drei Jahre betreibt.