Verein und Züchter unternehmen etwas

Von Thomas Bez am 06.12.2009, mit zwei Kommentaren

Weblog Barnimer Land </weblog>

 

Wir hatten es kurz erwähnt: Auf der BCD-Mitgliederversammlung 2008 </weblog/1203962710:20072.html> wurde über ein latentes Problem der Briardzucht gesprochen - urogenitale Mißbildungen. Insbesondere geht es um verlagerte Harnleiter, die nicht an der korrekten Stelle in die Blase münden. Die Folgen können Inkontinenz sein, aber auch Nierenschädigungen durch Harnrückstau. Der Defekt kann mit guten Erfolgsaussichten operiert werden.

Ektopische Ureter (zu Deutsch: verlagerte Harnleiter) werden vererbt. Die Vererbung ist ähnlich komplex wie die Vererbung der Hüftgelenksdysplasie (HD), es handelt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen polygenetisch rezessiven Erbgang. Man kann nicht direkt ein krankmachendes Gen nachweisen, da es sich nicht um ein einzelnes Gen handelt. Die Beteiligung mehrerer Genorte bewirkt aber auch, daß die Fehlbildung in Abstufungen vorkommt: Grenzfälle und leichte bis schwere Fälle.

Anders als die HD, die auch durch falsche Bewegung und Überlastung, insbesondere in der Wachstumsphase, hervorgerufen oder gefördert werden kann, werden verlagerte Harnleiter aber nie erworben. Wenn die Untersuchung durch eine Sonographie (Ultraschall) keinen Befund erbracht hat, ist der Hund also phänotypisch gesund.

Da Harnleiterverlagerung auf ähnliche Weise wie HD vererbt wird, kann sie in der Zucht auch auf ähnliche Weise bekämpft werden - nämlich indem Hunde, die Veränderungen ab einem gewissen Schweregrad zeigen, nicht zur Zucht zugelassen werden. Das ist keine perfekte Methode, denn selbst wenn das Elterntier ohne Befund ist, also "phänotypisch" gesund, kann es doch "genotypisch" die rezessive Erbanlage tragen, ohne selbst auffällig zu sein. Aber es ist die beste Methode, die es gibt, und bei der HD hat sie funktioniert. Fälle von HD gibt es zwar immer noch, aber als systematisches Problem der Zucht ist sie bei unseren Briards inzwischen zurückgedrängt.

Der BCD hat die Konsequenz gezogen, was wir außerordentlich begrüßen. Ab nächstem Frühjahr wird eine Ultraschalluntersuchung für alle Deckrüden des BCD vorgeschrieben. Zu wünschen wäre, daß sich auch andere europäische Zuchtvereine dieser Maßnahme anschließen. Die Konzentration auf Rüden hat einen Grund: Bei Hündinnen fällt der Harnverlust schon im zarten Welpenalter auf, bei Rüden aber nicht immer. Das kommt durch anatomische Unterschiede zwischen Rüden und Hündinnen, insbesondere durch die Wirkung der Prostata. Dem Besitzer eines Rüden kann jahrelang, sogar das ganze Hundeleben lang verborgen bleiben, daß sein Hund ektopische Ureter mit sich herumträgt.

Es gibt noch eine weitere Parallele zur HD: Zur Beurteilung der Elterntiere lassen sich auch die HD-Ergebnisse ihrer Vorfahren sowie ihrer Nachkommen heranziehen. Die Analyse von Abstammungslinien kann wichtige Hinweise geben, und für die Zucht im Ganzen ist es hilfreich, wenn möglichst viele der Nachkommen im Alter von 1 Jahr auf HD untersucht werden, selbst wenn diese nicht selbst zum Züchten vorgesehen sind. Ähnlich ist die Lage bei ektopischen Uretern. Es gibt jetzt schon die ersten Züchter, die freiwillig ihre Welpen (insbesondere die kleinen Rüden) im Alter von 6 bis 7 Wochen untersuchen lassen. Frau Heike Pommer von den Briards des charmantes crapules <http://www.briards-des-charmantes-crapules.de> berichtet auf ihren Internetseiten darüber sehr offen. Das ist mutig und ihr hoch anzurechnen.

Dem Welpenkäufer kann man empfehlen, seinen Züchter auf das Thema anzusprechen.

 

Kommentar von PSpankus am 07.12.2009 15:38:

Es ist sehr erfreulich und auch sehr vorbildlich,
dass nun etwas unternommen wird.
Da ich mein Leben mit einem Briard Rüden teile,
lies es mir keine Ruhe und ich hatte Alto in der Tierklinik
Birkenfeld untersuchen lassen. Bei Alto lagen keine Zeichen
für Ektopische Ureter im Ultraschall vor, ich bin erleichtert
gewesen. Ich denke EU Untersuchungen sind auch sehr wichtig,
dem eigenen Briard zuliebe und auch für die weiteren Zucht der
Briard.

Kommentar von ARegelein am 08.12.2009 22:48:

Diese Lobhudelei finde ich jetzt aber etwas unangebracht. Transparenz und Offenheit hiesse, dass man nicht nur konsequent dies in die Zuchtordnung hätte aufnehmen müssen und jedem Rüden ohne eine solche Untersuchung die ZZL hätte verweigern sollen, bis wissenschaftlich nachgewiesen wurde, dass dieser Fehler nicht vererbt wird, sondern auch ohne grosse Karrenzzeit auch schon Rüden mit ZZL diese vorläufig ggf. hätte entziehen müssen.
So findet man nicht einmal auf den Internetseiten von Vereinsseiten mit Deckrüdenlisten einen Hinweis. Ohnehin scheint wie bei vielen Einträgen nicht nur die Orthographie zu leiden, sondern auch die Aktualität. Da gibt es halbwegs ZZLs aus 2009 aber keinerlei Hinweise bzgl. eU oder sogar Einträge der selbigen ZZL. Nicht einmal in der Darstellung (Tabelle) gibt es einen Platzhalter hierfür.

Manchmal scheint die Gier nach Geld, Ansehen und/oder Macht halt die Sinne zu trüben. Bei manchen Deckrüden konnte man sich mittlerweile fragen, ob es das Sperma nicht schon in Flaschen abgefüllt im Kühlregal bei irgend einem Tankstellennetz zu kaufen gibt.

Heike geht wieder einmal sehr offen mit einem solchen Thema um. Denn vielmehr muss man auch bei dieser Rasse die Züchterischen Grundsätze in Frage stellen.

Der eine oder andere "Gelegenheitszüchter" soll sich mal die Frage stellen, ob er denn den Tieren, der Rasse, dem künftigen Welpenbesitzer und letztendlich sich selbst einen Gefallen damit tut, dass er, vielleicht sogar vor dem Hintergrund des geplantes Verkaufs und gerade bei Regelmäßigkeit zu unterstellender Wiederholungsabsicht das Prozessrisiko in seine Kalkulation mit einbezogen hat. Bei Welpen mit z.B. genetischen Fehlern, bei denen Züchter bei der Auswahl der Zuchttiere nicht eine entsprechende Sorgfalt haben walten lassen, dürften die Urteile künftig interessante Auslegungen erfahren.

Im Mittelpunkt sollte die gesunde Weiterentwicklung der Rasse und der Erhalt der geliebten Eigenschaften stehen.

Erschreckend finde ich, wieviel Mitleid gegenüber Rüden-Besitzern entgegengebracht wird, bei denen der eU-Befund nicht das erwünschte Ergebnis gebracht hat. Wenn es mit vertretbaren Aufwand korrigiert werden kann, dann bleibt es immer noch ein toller Rüde und kann weiter zur Schau gestellt werden.

Mein Mitleid bzgl. der Aufopferung als Gutmensch und der nun verbundenen finanziellen Einbussen hält sich aber in Grenzen.

Hat mal wer an die Welpenbesitzer gedacht?

Gerade wenn man sich Ersthundebesitzer im gesetzten Alter heraussucht und diesen sogar noch einen Rüden empfiehlt? Wenn diese eine emotionale Bindung zum Tier aufgebaut haben?

Mein persönliches Mitleid gilt daher den Hundehaltern ohne ZZL & Vermehrungsabsicht, deren Rüden vor 2008 gezeugt und geboren wurden.

Und meine Hochachtung allen, die offen mit diesem Thema umgehen und auch schon vor 2009 die entsprechende Konsequenz gezogen haben und die couragiert endlich 2009 das Thema vorantreiben.